Hühner halten – Artgerecht und natürlich

Rezension zu „Hühner halten. Artgerecht und natürlich.“ Von Katrin Juliane Schiffer und Carola Hotze

Massentierhaltung, billiges Fleisch, Legebatterien – Die Menschen (oder zumindest die meisten Menschen) haben sich im Laufe der letzten Jahrhunderte immer mehr von ihren Nutztieren entfremdet. Diese Tatsache nehmen Katrin Juliane Schiffer und Carola Hotze zum Ausgangspunkt in ihrem Buch „Hühner halten“. Der Titel lässt vielleicht an ein typisches Fachbuch denken, das nüchtern die Grundlagen der Hühnerhaltung erklärt.

Aber dieses Buch ist viel mehr als das: Es ist ein Buch, das durch die Weitergabe von Wissen und spannenden Informationen in einem sachlichen, aber gut verständlichen Stil die Wertschätzung für diese faszinierenden Tiere zurückbringen möchte. Der Fokus liegt auf natürlicher und artgerechter Haltung. Im Zentrum steht die Überzeugung, Hühner hätten trotz Domestizierung ihre ursprünglichen Instinkte und Verhaltensweisen bewahrt. Und wer die kennt, kann seine Hühner artgerecht halten und ihre Bedürfnisse verstehen.

Inhalt und Aufbau

Wer sind unsere Hühner?

Die Autorinnen beginnen mit einem kleinen Überblick über die Geschichte des Zusammenlebens von Mensch und Huhn. Besonders interessant fand ich, dass die ersten domestizierten Hühner über viele Jahrhunderte weithin extensiv und in sehr naturnahen Verhältnissen gehalten wurden. Erst im 18. und 19. Jahrhundert begannen dann Rassezucht und die Haltung in Ställen. Auf diese Weise rückte immer mehr die intensive Nutzung von Fleisch und Eiern in den Mittelpunkt und Hybridhennen wurden gezüchtet. Hier noch ein Fakt, den sich Jeder und Jede einmal durch den Kopf gehen lassen sollte: Das Bankiva-Huhn, der Vorfahre unserer heutigen Hühner, legte ein- bis zweimal pro Jahr einige Eier. Im Vergleich dazu: Heutige Legehennen sind so gezüchtet, dass sie 200 Eier oder mehr legen!

Weiters geben die Autorinnen eine Einführung in Verhaltensweisen und natürliche Sinne der Hühner. Auch hier ist das Ziel, die Tiere besser verstehen zu lernen. Informationen zu Körperbau, Tagesrhythmus und Verhaltensstörungen finden die Lesenden in dem Kapitel „Hühnergesundheit“. Hier sind außerdem die wichtigsten Krankheiten sowie Tipps und Tricks zur Behandlung aufgelistet. – Gut geeignet für ein schnelles Nachschlagen.

Es folgt eine kleine Auswahl an nützlichen Informationen über einige Hühnerrassen. An dieser Stelle sollten sich Leser*innen kein ganzes Lexikon erwarten. Vielmehr werden die wichtigsten Rassen kurz vorgestellt. Vor allem Einsteiger*innen bekommen gute Einblicke in die jeweiligen Besonderheiten. In diesem Kapitel werden aber auch die Nutzung der Hühnerrassen thematisiert und industrielle und natürliche Zucht gegenübergestellt. Obwohl es nur einen kurzen Teil über Massentierhaltung und industrielle Schlachtung gibt, müssen Leser*innen schon ein hartes Gemüt haben, um bei diesem Kapitel nicht zumindest ins Grübeln zu kommen.

Hühner natürlich halten

Das Kernstück des Buches bildet das ausführliche Kapitel über Hühnerhaltung. Hier geht es um mobile Haltung, Stallhaltung, Auslauf, Futter und Nachwuchs. Die vielen Tipps und Zeichnungen von artgerechten Hühnerumgebungen erleichtern die Planung und laden zur eigenen Umsetzung ein. Auch das Thema „Schlachten“ vernachlässigen die Autorinnen in diesem Werk nicht. Stattdessen findet das Lesepublikum zahlreiche grundlegende Informationen über diese für viele Halter*innen relevante Thematik. Natürlich geht es auch hier um einen möglichst tierfreundlichen Umgang bis zum Schluss.

Mensch und Tier

Mir persönlich hat besonders das abschließende Kapitel über die Mensch-Tier-Beziehung gefallen. Darin stellen die Autorinnen Überlegungen an, wie die Beziehung zwischen Menschen und Hühnern neu gedacht werden kann und was wir Menschen von den Tieren lernen können. Hier wird kurz auf tiergestützte Pädagogik eingegangen und die Frage gestellt, wie mehr Wertschätzung für Hühner etabliert werden kann. – Vor allem in Anbetracht der Tatsache, wie viele Hühner als mit Nummern betitelte Industrietiere sterben.

Gestaltung und Gliederung

Nicht nur inhaltlich, sondern auch von der Gestaltung her hat mich dieses Buch überzeugt. Die Seiten sind übersichtlich strukturiert und durch bunte, unterschiedlich große Überschriften deutlich gegliedert. Pro Seite finden sich 2 Spalten Text, die das Lesen angenehm machen. Ein kleiner Kritikpunkt wäre die Schriftgröße, die für manche Leser*innen vielleicht etwas klein geraten ist. Sehr zu loben sind jedoch die farbigen und qualitativ hochwertigen Fotografien und die übersichtlichen Grafiken, die beispielsweise den Bau bestimmter Körperteile genauer verdeutlichen. Zudem fassen kurze Bildunterschriften das Dargestellte noch einmal zusammen. Zwischendurch gibt es immer wieder Spezialseiten mit interessanten Informationen zu einer besonderen Hühnerrasse oder Projekten mit Hühnern.

Fazit

Alles in allem kann ich diesem Buch eine sehr positive Bewertung geben. „Hühner halten“ ist klar strukturiert, leicht verständlich und fachlich sehr hochwertig. Mir persönlich hat vor allem die Zugangsweise zu dem Thema gefallen: Die Autorinnen schreiben aus Wertschätzung für die Hühner und heben die Besonderheiten dieser Tiere hervor. Es geht hier also nicht nur um den Menschen und wie er die Hühner für sich nutzen kann. Vielmehr stehen die Tiere selbst sowie die Beziehung zwischen Mensch und Huhn im Mittelpunkt. Da die Leser*innen erfahren, wie sie ihre Hühner von Anfang an artgerecht halten können, ist das Buch für Anfänger*innen sehr zu empfehlen. Aber auch schon erfahrene Halter*innen werden hier viele hilfreiche Informationen über ihre Lieblinge finden.

Eigentlich kann und sollte aber jeder Mensch dieses Buch lesen. Es ermöglicht einfach einen neuen Blickwinkel auf Hühner, die bei genauerem Hinsehen viel zu faszinierende und liebenswürdige Tiere sind, um als namenlose, billige Ware auf Tellern zu landen.

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Das Rezensionsexemplar wurde vom Verlag zur Verfügung gestellt.