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Hühnergeschichten

Peter und der Fuchs: Eine Halloween-Geschichte

Morgen würde es endlich so weit sein. Auf diesen Tag hatte Peter schon Monate lang gewartet. Die Zeit war gekommen, verkleidet durch das Dorf zu ziehen und eine ordentliche Menge Süßgkeiten mit nach Hause zu nehmen. Mit seiner Vorfreude war Peter nicht alleine, jedes Kind im Dorf wartete schon ungeduldig auf den Abend. Die Säcke waren bereit und die Dorfbewohner hatten sich Süßigkeiten gekauft, um den Kindern was anbieten zu können. Es war Nachmittag und alle bereiteten ihre Kostüme vor. Peter war gerade dabei, Augenlöcher in ein Bettlaken zu schneiden, als Bärbel mit einem Kürbis auf dem Kopf in den Stall platzte.

„Hooooo“ rief sie. „Ich bin der böse Geist, der euch alle Süßigkeiten klaut!“

„Hör auf Bärbel, du machst mir noch Angst!“, sagte Peter und grinste.

„Bei Leo hat’s funktioniert.“ entgegnete sie und grinste ebenfalls.

„Im Übrigen, wie findest du mein Kostüm?“, fragte Peter und warf sich das Bettlaken über den Körper.

„Sehr gruselig, aber warte, bis du Stefans Verkleidung gesehen hast. Er hat gesagt, dass er uns alle überraschen wird.“, antwortete Bärbel und schmunzelte.

Peter wunderte sich und ging mit Bärbel gemeinsam hinaus auf den Hof. Dort spielten Leo und Stefan mit ein paar anderen Kindern aus dem Dorf.

„Er hat doch gar keine Verkleidung!“, rief Peter Bärbel zu.

Als Stefan das hörte, ließ er alles liegen und stehen und lief schnurstracks in das Haus seiner Eltern. Nach einiger Zeit rief er lautstark aus dem Haus: „Kommt her!“

Peter, Bärbel, Leo und die anderen Kinder machten sich auf den Weg in das Haus. Stefan hatte das Licht abgedreht und die Fenster verdunkelt. Nun sah man fast gar nichts mehr. Ein paar Kinder gingen nicht einmal über die Türschwelle, als sie die Dunkelheit sahen. Doch Peter, Leo und Bärbel waren schon größer als die anderen Kinder und mussten Mut beweisen. Wie würden sie vor den anderen dastehen, wenn sie jetzt Angst hätten? Daher gingen sie hinein und hielten sich an den Gefiedern an.

„Was für ein Kostüm hat Stefan bloß?“, dachte sich Bärbel.

Vom Dachboden ertönte ein Knarzen. Peter erschrak und drehte seinen Kopf nach oben. Die Leiter war ausgefahren, daher musste Stefan dort oben sein, dachte er sich. Sie gingen die Leiter hinauf und hörten wieder ein Geräusch von oben. Nun zitterte auch Leo. Peter, der als Erstes kletterte, biss die Zähne zusammen und ging weiter. Oben angekommen sahen sie genauso wenig wie unten. Nur durch ein kleines Fenster, das geschlossen und sehr verstaubt war, drang ein wenig Licht hindurch.

„Zeig dich Stefan, versteck dich doch nicht!“, rief Leo.

Peter, Bärbel und Leo hielten sich nun immer fester an den Flügeln. Bärbel hatte mittlerweile ihren Kürbis vom Kopf genommen, um besser sehen zu können und Peter sein Bettlaken liegen gelassen. Plötzlich wurde Peters Gefieder von einem kleinen Tier gestriffen und er schreckte auf. Er wollte zur Leiter rennen, um wieder hinunter zu gehen, aber Bärbel ließ ihn nicht los.

„Das war nur eine Maus, die gibt es bei uns am Dachboden auch.“, redete sie ihm zu.

Danach war es wieder still. Plötzlich sprang hinter einem Balken ein schwarzes Wesen hervor. Es hatte kurze, schwarze Ohren und lange Flügel.

„AAAHHH“ schrien alle drei voller Angst und rannten zurück. Schnell stiegen sie die Leiter hinunter und eilten auf den Hof. Dort standen die anderen Kinder und schauten sie verwundert an.

„Wir haben Stefan nicht gefunden. Aber die Leiter war ausgefahren und am Dachboden haben wir ein schwarzes Wesen gesehen. Es hatte lange Flügel und kurze Ohren.“, berichtete Leo voller Schock.

Nun starrten alle auf Stefans Haus, als auf einmal das Licht wieder anging. Eine schwarze Gestalt stieg die Leiter herab und trat auf den Hof hinaus.

„Da ist es!“, rief Leo und versteckte sich hinter Bärbel.

„Es ist eine riesige Fledermaus!“, schrie ein anderes Kind.

Die Gestalt griff sich an den Kopf und setzte eine Maske ab. Zum Vorschein kam Alex, Stefans großer Bruder.

„Hahaha, ihr seid echt auf mich reingefallen. Ihr seid solche Feiglinge!“, sagte er.

Peter, Bärbel und Leo fanden das gar nicht witzig. Schließlich weiß Alex, dass die kleineren Hühner ängstlicher sind. Trotzdem versucht er jedes Jahr, jüngeren einen Schrecken einzujagen. Letztes Jahr bemalte er frisch gelegte Eier mit hässlichen Grimassen und legte sie neben die Bruteier der jungen Hennen. Als sie das bemerkten, sprangen sie vor Schreck auf. Seitdem fürchten sich alle vor Alex‘ Streichen. Nur weiß niemand, was er sich als Nächstes einfallen lässt.

„Und wo ist Stefan?“, fragte Bärbel genervt.

„Ach der, der kommt schon noch.“, antwortete Alex und grinste.

„Das ist echt nicht lustig, wir haben uns zu Tode erschreckt.“, rief Peter Alex zu.

„Ich kann doch nichts dafür, dass ihr solche Angsthasen seid.“, spottete Alex.

„Stefan hat mir gesagt, dass er dieses Jahr ein sehr besonderes Kostüm hat. Ich bin sogar extra zu Peter gegangen, um es ihm zu zeigen.“, sagte Bärbel.

„Das stimmt!“, antwortete Leo. „Stefan hat gesagt, er wird uns dieses Jahr alle überraschen.“

Kurz darauf ertönte hinter im Haus von Stefan ein Geräusch: „Hooooo!“

„In unserem Haus spuckt es wohl.“,sagte Alex und grinste.

Kurz darauf erschien jemand in einem Bettlaken auf der Türschwelle. Er bewegte sich zu den Hühnern.

„Das ist doch meine Verkleidung!“, rief Peter.

Als er vor Peter stand, riss dieser ihm das Lacken vom Körper. Zu seinem Verwundern kam ein Kürbis zum Vorschein und er schreckte zurück.

„Das ist mein Kostüm!“, rief Bärbel.

Das Huhn nahm den Kürbis von seinem Kopf und hervor kam ein grinsender Stefan.

Als Peter und Bärbel am Dachboden abgelenkt waren und ihre Kostüme abgelegt hatten, hatte sich Stefan angeschlichen und sie sich selbst angezogen.

„Warum müsst ihr immer alle so erschrecken? Es ist doch noch nicht einmal Abend.“, warf Peter Stefan und Alex vor.

„Es ist doch Halloween, da geht es um mehr als nur um Süßigkeiten.“, sagte Alex.

„Passt auf, ich erzähl euch eine Geschichte. Vor langer Zeit, kurz nachdem dieser Hof in Betrieb genommen wurde, geschah etwas, das das Leben aller Hühner für immer veränderte. Der Hof wurde leider sehr oft von Füchsen und Mardern heimgesucht, viele Hühner verloren ihr Leben, weil sie zu unvorsichtig waren. Daraufhin beschloss einer der Hähne, die Herde vorsichtiger zu machen. Am 31. Oktober verkleidete er sich als Fuchs und versteckte sich am Abend im Stall. Als die Hennen schlafen gehen wollten und den Stall betraten, jagte er ihnen einen solchen Schrecken ein, dass sie es nie mehr wagten, unvorsichtig irgendwohin zu gehen. Seitdem ist es nie mehr vorgekommen, dass ein Huhn von einem Raubtier gerissen wurde. Zu Ehren dieses einfallsreichen Hahns feiern wir den 31. Oktober und erinnern uns an die Idee, die uns alle im Endeffekt gerettet hat.“, erzählte Alex voller Spannung.

„Und woher kommt es, dass wir von Haus zu Haus ziehen und Süßigkeiten bekommen?“, fragte Leo.

„Das kommt daher, dass die Hühner zuerst weggelockt werden mussten, um die Verkleidungen vorzubereiten und sich in den Ställen zu verstecken. Im Laufe der Zeit hat sich das Erschrecken erübrigt und die Hühner haben sich aus Spaß Kostüme gebastelt. Weil die Bewohner der Häuser die Verkleidungen nett fanden, haben sie den Hühnern Süßigkeiten gegeben.“, erklärte Alex.

„Das ist ja interessant, woher weißt du das alles?“, fragte Bärbel.

„Das ist eine Geschichte, die schon lange von Generation zu Generation weitergegeben wird. Mein Vater hat sie mir erzählt.“, antwortete Alex. „Jetzt müssen wir uns aber beeilen, es wird schon dunkel.“, fügte er hinzu und ging mit Stefan in ihr Haus zurück.

Peter und Bärbel nahmen sich ihre Kostüme und gingen gemeinsam mit Leo in den Stall. Dort angekommen setzten sie sich auf den Boden.

„Meinst du die Geschichte stimmt?“, fragte Peter.

„Ich glaub schon, warum sollte Alex lügen?“, erwiderte Bärbel.

„Es hört sich schon sehr erfunden an.“, fügte Leo hinzu.

„Egal, machen wir mal unsere Kostüme fertig und holen uns Säcke. Wir bekommen heute schließlich eine Menge Süßigkeiten!“, scherzte Peter.

Leos Kostüm war wie das Kostüm von Peter ein Bettlaken. Er stolperte jedoch beim Gehen, weshalb das Bettlaken verdreckt war.

„Wenigstens kann man uns durch den Dreck auseinanderkennen!“, sagte Peter.

Als alle drei ihre Kostüme und Säcke hatten und es schon dunkel wurde, machten sie sich auf den Weg zu den Häusern im Dorf. Überall flatterten Kinder mit kleinen Kürbissen auf dem Kopf herum oder hatten ihr Gefieder bemalt. Peter, Leo und Bärbel gingen die Straße hinunter zu dem ersten Haus. Sie klopften an der Tür und wurden nach kurzer Zeit von einer alten Frau begrüßt.

„Süßes oder Saures!“, riefen die drei inbrünstig.

„Ihr seid aber nett verkleidet.“, sagte die alte Frau und gab ihnen Bonbons, drei Lutscher und eine Packung Gummibären.

„Vielen Dank!“, sagten die drei und zogen weiter.

Sie durchstreiften das gesamte Dorf und bekamen sehr viele Süßigkeiten. Oft flatterten ihnen kleinere Hühner über den Weg, die ganz aufgeregt waren und Lutscher im Schnabel hatten. Bei manchen Häusern bekam man viel, bei manchen gab es weniger. Im Endeffekt hatten aber alle ihre Säcke voll mit Süßigkeiten und gingen voller Freude zum Stall zurück. Nun schliefen fast alle kleinen Hühner schon und es war sehr dunkel. Am Stall angekommen zogen die drei ihre Kostüme aus und wollten schon zu naschen beginnen, als sie plötzlich etwas hörten. „GRRRRRRR“ machte es aus dem Stall.

„Das kann nicht sein.“, flüsterte Bärbel.

„Was ist das? Ein Fuchs?“, fragte Leo flüsternd.

„Das ist sicher Stefan oder Alex, die beiden wollen uns nur Angst einjagen.“ sagte Peter und schritt selbstbewusst in den Stall. Das Knurren wurde immer lauter.

„Ich weiß, dass das du bist. Zeig dich, Stefan!“, sprach Peter genervt in die Dunkelheit. Niemand antwortete.

„Das ist nicht lustig, du kannst mich nicht nochmal erschrecken. Ich weiß, dass kein echter Fuchs da ist. Genau wie der Alex gesagt hat.“, redete Peter. Er war mittlerweile alleine im Stall und stand mit dem Rücken zum Eingang. Auf einmal sprangen zwei Gestalten mit Fuchsmaske schreiend von hinten auf Peter. Er flatterte hoch und schrie ebenfalls.

„Ich wusste es, warum müsst ihr nur immer so gemein sein.“, rief er genervt.

Stefan und Alex nahmen lachend ihre Masken ab und zeigten auf Peter, der auf die oberste Stange im Stall geflogen war. Plötzlich hörten sie ein Geraschel vor dem Stall, das immer leiser wurde. Bärbel drehte sich schnell um und konnte einen Fuchsschwanz erkennen, der in den Büschen weit weg vom Stall verschwand.

„Da war ein echter Fuchs.“, flüsterte Bärbel.

„Und ihr habt ihn verscheucht.“, stellte Peter vor Staunen fest. Sie konnten es kaum glauben. Wären Stefan und Alex nicht versteckt im Stall gewesen und hätten Peter erschreckt, hätte sie vermutlich ein Fuchs überfallen. Um sich von dem Schrecken zu erholen, setzten sie sich zu fünft hin und begannen, gemeinsam die Süßigkeiten zu essen. Damit haben Alex und Stefan Bärbel, Peter und Leo nicht nur einen gelungenen Streich gespielt, sondern auch bewiesen, warum diese Tradition immer noch nützlich ist.

„Heute Abend haben wir alle erlebt, was es bedeutet, Traditionen hautnah nachzuerleben. Man kann eben viel von seinen Vorfahren lernen.“, sagte Peter erleichtert und aß genüsslich seine Gummibären.

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